Monika Geier: Antoniusfeuer

Ach, herrlich! Was für ein tolles Buch!

 

Das Cover hat mich zunächst irritiert: sehr bunt, voller fieser Mensch-Tier-Gestalten, mit Knüppeln bewaffnet  - sieht aus wie eine wilde Schlägerei. Beim Lesen habe ich dann aber schnell zweierlei kapiert: es ist ein Ausschnitt aus dem Isenheimer Alter von Matthias Grünewald  aus dem 16.Jahrhundert, und Monika Geiers Krimi ist so farbenfroh, knackig und packend und wie das Altarbild.

 

 

 

Maria ohne Jesus, ein tätowierter Kirchenrichter und jede Menge Dämonen

Die Autorin traut sich was:  sie schleudert uns in eine wilde Mischung aus Rassismus, Religion, Teufelsglauben, Exorzismus, Kräuterseminaren, Dämonen, Drogensucht und Selbstüberschätzung mit einem Schuss  Kleingeistigkeit  - und bewundernswerterweise schafft sie es, dass wir bei all dem immer den Überblick behalten. 

 

 

 

Kriminalkommissarin Bettina Boll soll wegen eines in der Haft gestorbenen Afghanen ermitteln. Selbstmord? Mord? Teufelsaustreibung? Die Ermittlung führt sie in das pfälzische Dorf Frohnwiller; und da geht’s so richtig los: der Maria ist in der katholischen Kirche ihr Jesuskind abhanden gekommen; der Pfarrer ist verunglückt, seine Schwester gluckt mithilfe zahlreicher Medikamente über ihrem kranken Sohn , ein hoher Kirchenrichter hat hingeschmissen, ist Sozialarbeiter im Jugendzentrum geworden und nun verschwunden,  und eine kräuterkundige Putzfrau kriegt irgendwie immer alles mit.  Mitgekommen?

 

Das ist tatsächlich einfach, denn Monika Geier schreibt so, dass wir uns immer mittendrin dabei fühlen. Und das alles in einer knackigen Alltagssprache, die aber nie platt oder tümelnd oder trashig daher kommt.

 

 

 

Alles geht auf, alle Fäden sind am Ende entwirrt, und das alles voller Witz, Ironie, Subtilität, Schärfe und Klarheit. Und voller Zuneigung für ihre Figuren – auch wenn oder viellicht weil (?) sie (fast) alle einen Hau haben. Nebenbei bekommen wir überraschende Einblicke in das katholische Kirchenrecht.

 

 

Die Autorin: Unbedingt lesen!

Monika Geier stammt selbst aus der Pfalz, kennt den dortigen Menschenschlag also genau. Sie hat Architektur und Bauzeichnen studiert. „Antoniusfeuer“ ist ihr achter Band aus der Reihe um die Ermittlerin Bettina Boll. Wichtige Preise hat sie auch abgeräumt: für den ersten Bettina-Boll-Krimi „Wie könnt ihr schlafen“ bekam sie den „Marlowe“ von der Raymond-Chandler-Gesellschaft; für Band 7 „Alles so hell da vorn“ wurde sie mit dem Deutschen Krimipreis geehrt. Mit Recht!

 

 Monika Geier, Antoniusfeuer, Ariadne, 429 S., 24 Euro

 


Über die Autorin dieses Blogs

Jutta Günther 

  • Neugierige und kritische Krimileserin
  • TV-Reporterin und Hörfunk-Redakteurin (Radio Bremen; Tagesschau; Morgenmagazin etc. bis 2023)
  • Krimikritikerin und -rezensentin im Nordwestradio und bei Bremen Zwei bis 2023
  • Jurorin Radio Bremen Krimipreis
  • Jurorin Krimibestenliste 
  • seit 2024 ehrenamtliche Richterin am Landgericht Bremen

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